Generation Z. Z für Zweifel in der Berufswahl.
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Generation Z. Z für Zweifel in der Berufswahl.
Für viele der Generation Z steht die Zeit nach dem Schulabschluss gänzlich im Zeichen der Selbstfindung. Sich über die eigenen Werte und Prioritäten klar zu werden, ist Grundlage für ein erfülltes Berufsleben. Wie es gelingt, Licht ins Dunkel der Orientierungslosigkeit nach der Schule zu bringen und wieso es dafür so wichtig ist, in Bewegung zu bleiben – ein Erfahrungsbericht.
Alles ist möglich – oder nicht?
Während rund ein Drittel der jungen Erwachsenen bereits eine genaue Vorstellung von ihrer beruflichen Zukunft hat, gilt es für die übrigen zwei Drittel, sich besonders intensiv mit sich selbst und der Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Neue Erfahrungen zu sammeln, kann für die Abwägung hilfreich sein.
Als einer von rund 382.000 Abiturient:innen im Jahr 2020 bin ich seit letztem Sommer damit beschäftigt, eine gute Berufswahl zu treffen. In Anbetracht der schier unendlichen Möglichkeiten und der Befürchtung, womöglich die falsche Wahl zu treffen, habe ich mich schnell überfordert gefühlt. Mit 18 Jahren eine Entscheidung zu fällen, die einen so großen Einfluss auf meine gesamte berufliche Zukunft haben würde? Für mich zunächst kaum vorstellbar. Eine solche Angst kann lähmend sein. Gerade dann ist es höchste Priorität, Bewegung ins Leben zu bringen.
Der Getränkemarkt isses nicht. Und Gaskontrollsysteme auch nicht.
Ich beschloss also, mir Zeit zu nehmen. Nicht, um mich auf die faule Haut zu legen und auf eine Eingebung zu warten, sondern um alles Mögliche auszuprobieren. In Zeiten der Corona-Pandemie eine denkbar komplizierte Angelegenheit. Doch kurz nach meinem Abschluss begann ich, neben meiner ständigen Recherche zu meinem weiteren akademischen Werdegang in einem lokalen Getränkemarkt zu jobben. Lage, Bezahlung und die Arbeitszeiten waren grausig, aber retrospektiv betrachtet nahm ich trotzdem etwas aus dieser Zeit mit: Der Getränkehandel ist nicht meine größte Leidenschaft! Also suchte ich etwas, bei dem zumindest die Bezahlung stimmte.
Täglich nahm ich knapp drei Stunden Fahrzeit auf mich, um in der Montageabteilung eines Herstellers für Gaskontrollsysteme zu arbeiten. Ich wollte Geld fürs Reisen zur Seite zu legen. Inzwischen hatte ich mich für ein Studium der Medien- und Wirtschaftspsychologie entschieden. Bis das aber beginnen sollte, blieb ich in diesem Betrieb. Was eine gute Arbeitsatmosphäre ist, habe ich dort lernen können. Auch, wenn die Arbeit selbst trist und langweilig war, führte ich überraschend viele, gute Gespräche. Mit dem Plan, die Zeit bis zum Semesterbeginn zu überbrücken, war ich dort nicht allein.
Was ist mir wichtig?
So kam es, dass ich mich dort mit einer Person anfreundete, die in einer sehr ähnlichen Situation war. Unsere beruflichen Zukunftsvisionen unterschieden sich grundlegend. Doch genau das machte den Austausch mit ihm so interessant für mich. Erst durch diesen beinahe karikativ überzeichneten Kontrast wurde mir klar, dass ich schon mehr über mich selbst und meine Prioritäten wusste, als ich es bisher geglaubt hatte. Mit einer Karriere als Investmentbanker und einer 90-Stunden-Woche, wie er sie sich erträumte, könnte ich wohl niemals glücklich werden. Ich lernte einen echten Workaholic kennen: Jemand, der bereit war, aus Leidenschaft außerordentlich hart für Beruf und Ausbildung zu arbeiten, fast wie eine Sucht. In der Generation Z (14-24 Jahre) würde sich laut aktuellen Hochrechnungen sogar knapp jede:r Dritte als Workaholic bezeichnen. Nur jede:r Zehnte würde im Beruf kürzertreten, um mehr Zeit für die Familie zu haben.
„Route wird neu berechnet – bitte wenden“
Als zum Sommersemester mein Studium der Medien- und Wirtschaftspsychologie anfing, waren sowohl Erwartungen als auch Vorfreude auf eine anspruchsvolle Beschäftigung auf einem Maximum. Ich dachte, endlich genau das gefunden zu haben, wonach ich so lange gesucht hatte. Diese Vorstellung brach allerdings schneller zusammen, als ich es zu glauben gewagt hätte. Der Stoff war zwar nicht durchweg uninteressant, doch stundenlang die Biografie von Freud zu behandeln, erschien mir wenig relevant für mein späteres Berufsleben.
Kreative Eigenleistung war selten gefragt und auch die Vorlesungen, die wegen der Corona-Pandemie ausschließlich online abgehalten wurden, ähnelten für mich eher einem Gottesdienst als einem modernen Studium. Die Dozierenden hielten oft stundenlange Online-Monologe. Es schien nur darum zu gehen, die eingeplanten Folien so schnell wie möglich abzuhandeln. Alles in allem hat mich das sehr demotiviert. Mit dieser Wahrnehmung war ich nicht allein. Von den wenigen 12 Kommiliton:innen, mit denen ich begonnen hatte, waren nach einigen Monaten gerade einmal sieben übrig geblieben. Wie rund ein Drittel aller Studienanfänger:innen in Deutschland entschloss ich mich, mein Studium gegen Ende des ersten Semesters an den Nagel zu hängen. Obwohl das Studium nicht meinen Erwartungen entsprochen hatte, bin ich mir sicher, Einiges für meinen zukünftigen akademischen Werdegang mitgenommen zu haben.
Werbung ist so viel mehr
Es war jetzt an der Zeit, ein Berufsfeld kennenzulernen, das mich tatsächlich interessierte. Viele Stunden des Grübelns und Recherchierens später stand der Beschluss, ein Praktikum in einer Werbeagentur zu machen. Die Vielfalt der Aufgabenbereiche und wie viel mehr hinter dem Begriff Werbung steckt, als man es auf den ersten Blick vermutet, machten Lust auf mehr.
Nun bin ich hier als Praktikant der 41. Kopf im Team der Liebchen+Liebchen Kommunikation GmbH und blicke gespannt auf die kommenden Wochen. Nach einem mehr als herzlichen Willkommen fühle ich mich auf Anhieb wohl. Kolleg:innen und Arbeitsatmosphäre sind ausgesprochen angenehm und ich habe schon jetzt eine Menge gelernt. Die mir erteilten Aufgaben entsprechen meinen Interessen und fordern mich. Die Agentur übertrifft meine hohen Erwartungen in beinahe allen Belangen.
Sinnvoll die Zeit vergessen
Ansprüche und Vorstellungen an das Berufsleben sind von Person zu Person verschieden. Während für manche vor allem Standort und Einkommen eine Rolle spielen mögen, stehen für andere Aspekte wie moralische Vertretbarkeit, Leidenschaft oder eine gesunde Work-Life-Balance im Mittelpunkt. Mir persönlich ist es z.B. besonders wichtig, beim Arbeiten kreativ sein zu können. Sonst bekomme ich schnell das Gefühl, meine Arbeit könne auch von jeder beliebigen anderen Person oder − schlimmer noch − von einer Maschine verrichtet werden. Ungern würde ich mein gesamtes Berufsleben in einem Job verbringen, in dem meine individuellen Fähigkeiten nicht gefragt sind. In meiner Idealvorstellung stellt meine zukünftige Arbeit eine Herausforderung dar, die anspruchsvoll genug ist, mich die Zeit vergessen zu lassen und mir das Gefühl gibt, etwas Sinnvolles zu tun.
Mit Ruhe – ohne Gemütlichkeit
Besonders in der Frage nach dem Traumberuf sollte man aktiv reflektieren und nicht darauf warten, dass sie sich beim Faulenzen von selbst beantwortet. Der Anspruch darf nicht sein, auf Anhieb das Richtige zu finden, sondern etwas zu tun, das einen bei der Entscheidungsfindung weiter bringt. Schließlich können Erfahrungen jeder Art Aufschluss darüber geben, was man sich für seine eigene berufliche Zukunft wünscht – und was eben nicht. So werden auch vermeintlich negative Erfahrungen wertvoll für den Entscheidungsprozess und sind kein Grund zur Panik. Nach all den Umschweifen habe ich gelernt: Ruhe bewahren, aber nicht in Gemütlichkeit versacken.
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